Interview: Buchautorin und Community-Managerin Ariane Brandes
Eine Community gibt Unternehmen die Möglichkeit, der Zielgruppe eine Plattform zum Austausch, für Feedback und Informationen zu geben. Denn gute Kommunikation verläuft nicht “one way”, sondern ist viel mehr ein Dialog zwischen Menschen, beziehungsweise Zielgruppen und Unternehmen. Doch hinter einer funktionierenden Community stecken zahlreiche Arbeitsstunden, viel Euphorie und Hands-on-Mentalität. Das weiß Ariane Brandes, freiberufliche Community-Managerin, Ideengeberin für Talkshow-Formate und Autorin, aus eigener Erfahrung. Einen Leitfaden, wie Sie zum Community-Manager werden und erfolgreich ein Online-Netzwerk aufbauen, beschreibt sie sehr authentisch in ihrem Buch “Die Macht der Community” (2020). Im Interview verrät sie unter anderem die wichtigsten Eigenschaften eines Community-Managers, erzählt von ihren eigenen Erfahrungen und gibt wertvolle Tipps für den erfolgsversprechenden Aufbau von Communitys.
Liebe Frau Brandes, seit wann sind „Likes“, „Kommentare“ und „Beiträge“ aus Ihrem beruflichen Alltag nicht mehr wegzudenken – und warum haben Sie diesen Weg eingeschlagen?
Ariane Brandes: Ich bin 2017 erstmalig mit dem Community Management in Berührung gekommen. Seinerzeit suchte ich eine neue berufliche Herausforderung, in der ich meine Vorliebe für Kommunikation und echten, langfristigen Verbindungen zu Menschen ausleben konnte. Bei meinen vorangegangenen Tätigkeiten bin ich oft mit Social Media in Berührung gekommen, besonders im Zusammenhang mit meiner Redaktionsarbeit für Talkshow-Formate.
Die Möglichkeiten der neuen Form von Kommunikation in sozialen Medien haben mich von Beginn an fasziniert. Zudem war mir klar, dass Community Management ein Berufsfeld mit großem Zukunftspotenzial ist. Da erschien es mir logisch, mich im Bereich Community Management zu engagieren.
Was begeistert Sie an dem Instrument „Community“ für die Unternehmenskommunikation?
Ariane Brandes: Unternehmen können durch eine Community näher an ihre Kunden herankommen als das in analogen Zeiten jemals möglich gewesen ist. Wer seinen Kunden ein Content- und Meinungsforum bereitstellt, kann sein Unternehmen in all seinen Facetten präsentieren. Vor allem aber gibt eine Community den Kunden die Möglichkeit, Probleme, Meinungen und Anregungen zu kommunizieren und sich mit Gleichgesinnten offen auszutauschen.
Eine Community versetzt Unternehmen in die Lage, eine Kultur des Miteinanders zu etablieren, und zwar ein Miteinander, das nicht nur die Mitglieder der Community umfasst, sondern das Unternehmen einschließt. Das trägt erheblich zur Verbesserung der Kundenbindung bei, stärkt die Fähigkeit zur Innovation und stellt Zukunftsfähigkeit her. Nicht umsonst heißt es: Marken werden Medien, oder: Brands become communities.

Die Macht der Community | Ariane Brandes
Softcover 272 Seiten
ISBN 978-3-86881-777-5
Redline-Verlag, 19,99€
In Ihrem Buch beschreiben Sie das Berufsfeld „Community-Manager/-in“. Welche Eigenschaften sollte ich mitbringen, um dieses Tätigkeitsfeld gut meistern zu können?
Ariane Brandes: Da sind vier Eigenschaften herauszustellen: Dialog- und Sprachkompetenz, Sozialkompetenz, Organisationstalent und Stressresistenz.
1. Dialog- und Sprachkompetenz
Dialogische Interaktion ist das zentrale Element jeder Community. Über den Dialog wird das Gemeinschaftsgefühl in der Community hergestellt. Dazu braucht es eine Instanz, die den Dialog in geordneten Bahnen hält. Das betrifft zunächst den Diskurs, der z.B. im Rahmen der vom Betreiber vorgegebenen Themen und Zielsetzungen einjustiert werden muss. Hinzukommen muss ein gewisses Maß an Sprachkompetenz. Das bedeutet, dass eine gute Fähigkeit zum schriftlichen Ausdruck für jeden Community Manager unabdingbar ist. Dabei sollte er sich dem Sprachniveau der Mitglieder anpassen können, denn nur so kann die Kommunikation auf Augenhöhe stattfinden.
2. Sozialkompetenz
Diese Anpassung fällt zum Teil auch in den Bereich Sozialkompetenz. Ein konstruktiver Dialog ist kaum möglich, wenn nicht ein gewisses Maß an psychologischer Einsichtnahme in das jeweilige Mitglied vorhanden ist. Ein guter Community Manager sollte stets bemüht sein, sich in die Bewusstseinslage zu versetzen, die hinter einer dialogischen Äußerung steht. In das Mitglied hineinhören und sich in seine emotionale Befindlichkeit hineinversetzen: Nur so lassen sich der richtige Ton treffen und die passenden Worte finden. Oder anders ausgedrückt: Community Management geht nicht ohne Fähigkeit zur Empathie.
3. Organisationstalent
Organisationstalent wird gebraucht, um die vielen Aufgaben so abarbeiten zu können, dass man nicht ins Schleudern kommt. Das ist schneller passiert als viele es sich vorstellen können. Da sind einerseits die Mitglieder, die erwarten, dass auf ihre Posts möglichst schnell reagiert wird, insbesondere wenn es sich um eine Service-Angelegenheit handelt. Wer hier nicht schnell reagiert, der reagiert im Grunde gar nicht. Aber das ist längst nicht alles, zum Beispiel muss man sich mit der Erstellung und Ausspielung von Content beschäftigen, hier muss das Timing stimmen, oder Offline-Events müssen geplant werden, oder man muss sich mit dem Monitoring, also der Überwachung von Performance-Werten, beschäftigen, oder ein Gewinnspiel ist zu planen … es steht immer eine Vielzahl von Aufgaben an, die von Community zu Community verschieden sind. Wichtig ist, dass dafür ein differenzierter Redaktionsplan erstellt wird, um die Übersicht zu bewahren und eine strukturierte Arbeitsweise an den Tag legen zu können. In großen Teams fällt zusätzlich die Abstimmungsarbeit mit Kollegen und weiteren Content Zulieferern an.
4. Stressresistenz
Bei diesen vielen Aufgaben kann es nicht ausbleiben, dass Stress aufkommt. Wer nicht mit Stress umgehen kann, dürfte schnell auf verlorenem Posten stehen. Community Management ist kein Beruf, der sich im Rahmen normaler Bürostunden als Nine-to-five-Job abwickeln lässt. Um ihn ausüben zu können, muss man bereit sein, der Community immer dann zur Verfügung zu stehen, wenn sich dort etwas tut, und das kann je nach Community zu jeder Tages- und Nachtzeit sein.

Ariane Brandes
Freiberufliche Community-Managerin,
Ideengeberin für Talkshow-Formate und Autorin.
Hier bloggt sie für Community-Manager über die Macht der Community: https://ariane-brandes.de/
Sie sind seit 3 Jahren selbst Community-Managerin. Aus Ihrer Erfahrung: Was sind die Themen und Problemstellungen, die am meisten herausfordern?
Ariane Brandes: Da möchte ich drei Bereiche hervorheben, bezogen auf eine schon vorhandene Community: Die Auswahl des passenden Contents, die Anregung der Mitglieder-Aktivität und die Behandlung von problematischen Mitgliedern oder Problemsituationen wie Shitstorms.
Der Dialog ist so etwas wie das Herz einer Community, aber es wird nicht viel Dialog zustande kommen, wenn eine Community sich nicht durch guten, interessanten und auf die Mitglieder abgestimmten Content profiliert. Hier die richtige Auswahl zu treffen, das erfordert viel Fingerspitzengefühl, sprich eine genaue Einsicht darin, was bei den Usern gut ankommt und zum Engagement anregt.
Zündender Content ist also absolut notwendig, um die Mitglieder zur Aktivität anzuregen. Dieser nützt allerdings nicht viel, wenn er nicht von einer adäquaten Dialogführung flankiert wird. Das ist die Kernkompetenz jedes Community Managers. Engagierte Mitglieder lassen sich nur gewinnen, indem ihnen der Eindruck vermittelt wird, dass sie ernst genommen werden. Der Community Manager ist dafür verantwortlich, dass die User im Engagement für ein Netzwerk einen persönlichen Nutzen erkennen können.
Als problematische Mitglieder bezeichne ich alle Störenfriede, Hater und Trolle. Zunächst sollte der Community Manager versuchen, sie durch freundliche Ansprache dazu zu bringen, die Netiquette zu wahren und mit ihren Beiträgen im Rahmen des Common Sense zu bleiben. Wenn das nicht zum Erfolg führt, bleibt nichts anderes übrig, als ausfällige, inakzeptable Beiträge konsequent zu löschen. In Extremfällen müssen solche unbelehrbaren Mitglieder sogar vor die Türe gesetzt werden. Bei einem Shitstorm hilft nur eines: eine klare Krisenkommunikation, mit voller Transparenz hinsichtlich des Problems oder des Vorfalls, die den Shitstorm ausgelöst haben.
Wie man so schön sagt, Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Was sind 3 Tipps, die Sie Community-Managerinnen und -Managern beim Aufbau einer Community mit auf den Weg geben würden?
Ariane Brandes: Erfolgversprechender Aufbau einer Community ist nur dann möglich, wenn die folgenden 3 Punkte erfüllt sind: Vorhandensein von klaren strategischen Leitlinien, Herstellung eines Mehrwerts und Erstellung eines festen Regelwerks.
Viele Community-Betreiber wissen genau, was sie mit ihrer Community erreichen wollen, weil sie im Rahmen einer übergreifenden Social-Media-Strategie verortet ist. Zudem sind eindeutige Zielsetzungen in Form der so genannten Use Cases definiert. Wenn sich aber herausstellt, dass keine Strategie vorhanden ist, sollte der Community Manager sich selbst daranmachen, Strategie und Zielsetzungen auszuarbeiten. Diese sollten mit dem Betreiber besprochen und von ihm abgesegnet werden.
Wie gesagt, gehört zu einer erfolgreichen Community ein Content-Angebot, das Aufmerksamkeit erweckt. Mit anderen Worten: Der User muss bei einer Community einen Mehrwert gegenüber dem Angebot vergleichbarer Communitys erkennen können. Wie dieser Mehrwert herzustellen ist, lässt sich vor allem dadurch ermitteln, indem das Angebot konkurrierender Communitys einer genauen Analyse unterzogen wird. In einer Community ohne feste Regeln dürfte schnell Anarchie ausbrechen, weil Streitereien oder sogar Pöbeleien bis hin zu Hate Speech um sich greifen. Das hat natürlich eine abschreckende Wirkung. Um dem vorzubeugen, ist jeder Community Manager gut beraten, seine Regeln für die Netiquette präzise zu definieren. Es ist anzuraten, diese Regeln auf der Startseite gut sichtbar zu dokumentieren.
Lust auf mehr Insights zum Thema Community-Management? Dann können wir von Herzen das Buch “Die Macht der Community” von Ariane Brandes empfehlen. Oder einfach mal bei ihr auf dem Blog vorbeischauen: https://ariane-brandes.de/
Auch hier gibt sie in ihren Beiträgen wertvolle Tipps für Community-Manager(-innen). Perfekt zum Inspirieren, Informieren oder zu lernen, dass Community-Management so viel Zukunftspotenzial hat, wenn es erst richtig gemacht wird.